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Pädagogische Praxis im offenen Kindergarten

Wenn das offene Prinzip im "Chaos" endet, wie mancherorts diese Form der Arbeit kritisiert wird, ist sie in ungenügender Vorgehensweise umgesetzt worden. Berücksichtigt und agiert man sorgfältig, die Kriterien dieses Prinzips, kann von Chaos keine Rede sein. Eher von einem Erfahrungsgewinn für alle Beteiligten.
In seinem Buch "Offener Kindergarten konkret" beschreibt Gerhard Regel wie kindgemäß, lebensnah, ganzheitlich und komplex pädagogische Arbeit ist, wenn sie sich am offenen Prinzip orientiert.
Im Buch zu finden sind, neben fachlich umfassenden Information über das offene Prinzip und die Formen seiner Umsetzung auch eine Vielzahl praktischer Beispiele von Einrichtungen im Rahmen ihrer strukturellen Möglichkeiten.

Hier eine kurze Zusammenfassung der Pädagogischen Praxis im offenen Kindergarten
( nach Gerhard Regel )

1. Offen sein, für Veränderungen in der Pädagogik.

Leitfrage: Bin ich offen dafür, daß Pädagogik sich auch wandeln muß, wenn die Lebensverhältnisse von Kindern sich ändern? Bin ich offen dafür, daß pädagogische Ansätze und Konzepte nie etwas Dauerndes und Endgültiges sind?

2. Offen sein für Veränderungen im Kindergartensystem.

Leitfrage: Bin ich offen dafür, daß System des eigenen Kindergartens zu reflektieren und schrittweise oder radikal im Diskurs mit allen Beteiligten zu verändern, um Anpassungen an die heutigen Lebensverhältnisse von Kindern zu vollziehen? (Die Pädagogik den Bedürfnissen der Kinder anpassen.)

3.Offen sein, für Erfahrungen anderer Kolleg(inn)en und des Mitarbeiterteams.

Leitfrage: Bin ich aufgeschlossen und offen für Erfahrungen anderer? Bin ich neugierig auf das, was andere erproben? Will ich Erfahrungen anderer als Anregung aufnehmen, ohne mich unter Druck zu setzen, es genauso machen zu müssen?

4. Offen sein für einen theoretischen, kindgemäßen Lern- und Entwicklungsansatz.

Leitfrage:Bin ich für theoretische Erkenntnisse offen, die mir und den KollegInnen vertiefte Vorstellungen über kindgemäßes Lernen und kindgemäße Entwicklung ermöglichen?

  1. Bedürfnisorientierung
  2. Freispiel "Königsweg des kindlichen Lernens". Vorbereitende, herausfordernde Umgebung mit offenem Charakter.
    Die Gestaltung der Umgebung muß Neugier und Phantasie anregen und durch ihren Aufforderungscharakter Handlungen und Bewegungen provozieren oder zu ruhiger Tätigkeit, bzw. zum Ausruhen verführen.
  3. Angebote als neues Lernen.
    d.h. mit Angeboten neue Spielmöglichkeiten eröffnen und zu einem entdeckenden Lernen verhelfen. Findet dies eine Fortsetzung im Freispiel ist das "Lernfeuer" entfacht. (In Beziehung treten von Angebot und Freispiel)
  4. Erlebnisorientierung (Lernen durch erleben)
    Erlebendes Lernen, mit Leib und Seele beteiligt sein, innerlich bewegt, hat eine tiefere Wirkung im Positiven als auch im negativen Sinne und prägt mehr, als rational ausgerichtetes Lernen. (Bsp. eine Kuh sehen, fühlen, riechen... daran erinnert sich ein Kind mehr und länger als an ein Buch)
  5. Kindergartenalltag als Lernfeld.
    Kindergarten als Lebensraum nicht nur für Spielgemeinschaft sondern auch eine Lebensgemeinschaft, in der es Alltagshandlungen zu bewältigen gibt. (An- und Ausziehen, Pflanzen und Tiere versorgen, Räume gestalten etc.....)
  6. Lernen durch andere Kinder
    Kinder wollen von Kindern lernen, je größer der Altersunterschied um so natürlicher das Lernen. Kinder orientieren sich am Vorbild des Erwachsenen. Sie übernehmen in der Regel das, was Erwachsene (größere) tun, nicht das, was sie sagen oder verlangen.

5. Offen sein für Prozesse im Kindergarten.

Leitfrage: Reizt es mich, offen auf Neues zuzugehen, etwas zu wagen, bei dem ich nicht weiß, zu welchen vielfältigen Erfahrungen ich kommen kann und welches Auf und Ab es dabei zu bewältigen gibt.
Wer auf diesen Prozess setzt, muß seinen Lebenskräften und denen von Kindern, Mitarbeitern und Eltern trauen. Er muß immer wieder Inne halten, um zu erkennen, ob der eingeschlagene Weg der Richtige ist.

6. Offen sein für methodisches Handeln.

Leitfrage: Bin ich offen dafür diszipliniert, nach methodischen Schritten, zusammen mit den Kolleg(inn)en, anstehende Fragen und Probleme aufzuwerfen, um diese gemeinsam einer Lösung zuzuführen?

7. Offen sein für eigene Lernprozesse.

Leitfrage: Bin ich offen, mich persönlich zu verändern und bin ich bereit, an mir zu arbeiten? Liebgewonnenes Denken und Handeln wird relativiert oder muß sogar verabschiedet werden. (Gespräche und Reflexionen helfen)

8.Offen sein für Veränderungen im Mitarbeiterkreis, für Prozesse in der Zusammenarbeit mit KollegInnen.

Leitfrage: Bin ich bereit, offen auf meine KollegInnen zuzugehen, Unterschiede wahrzunehmen und zuzulassen, mit ihnen zu einer kooperativen Arbeitsgruppe zusammenzuwachsen. Was bin ich bereit zu geben?

9. Offen sein für die Einmaligkeit eines jeden Kindes, für dessen individuellen Entwicklungsstand und Prozess.

Leitfrage: Bin ich offen für Kinder, so wie sie mir und den anderen entgegenkommen, offen für die Besonderheiten ihrer Lebensgeschichte und Lebenssituation? Bin ich zu einer bedürfnisorientierten Pädagogik bereit und will ich besondere Entwicklungsbedürfnisse bei einzelnen Kindern berücksichtigen und angemessen unterstützend und - fördernd tätig werden?

10. Offen sein für den Diskurs mit Eltern, für einen Prozeß der Verständigung.

Leitfrage: Bin ich offen für andere Meinungen und Absichten der Eltern, offen für Auseinanderstzungen und Verständigung, für die Ängste, dass Kinder nicht genug lernen könnten, wenn dem Spiel Priorität eingeräumt wird?

11. Offen sein für den Diskurs mit dem Träger, für einen Prozeß der Verständigung.

Leitfrage: Bin ich offen für andere Ansichten von Trägern und bereit, zur offenen Auseinandersetzung. Will ich mich ggfs. für bessere Bedingungen einsetzen?

12. Offen sein für politische Aktivitäten, um für Kinder und für sich selbst bessere Bedingungen zu erreichen.

Leitfrage: Bin ich offen, Anwalt des Kindes zu sein und hierfür politische Aktivitäten zusammen mit anderen durchzuführen, um dadurch Verbesserungen für Kinder zu erreichen oder Verschlechterungen entgegenzuwirken.
Oft führt nur die Beharrlichkeit über Jahre zum Ziel!

Quelle:
Offener Kindergarten konkret
von Gerhard Regel
EB-Verlag Hamburg
http://www.ebverlag.de

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Letzte inhaltliche Änderung: 22.10.2007

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